Erfolgsillusion und Resilienz

10.04.2020 12:44:24 | BLOG | CascadeIT, Helmut Steigele | BLOG | 1 Kommentare


Warum hat uns dieser Markteinbrauch derart kalt erwischt?

Weil wir vor lauter "Erfolgsdenken" vergessen haben das Worte Höhepunkt korrekt zu verstehen. Denn jeder Höhepunkt bedingt einen Abschwung. Wer das aber nicht bedenkt, wird irgendwann einmal kalt erwischt.


Es wäre einfach zu leicht, fast schon vermessen, geschmacklos und definitiv deplatziert, jetzt in einem Ton des "wir haben es ja immer schon gewusst" über die Ursachen von Unternehmenskrisen zu bloggen, oder zu philosophieren.


Aber es liegt ein gewisses "Etwas" darin, wenn es heisst,
wer zu lange auf der Welle des Erfolges reiten konnte, läuft Gefahr seine Tauglichkeit für den Misserfolg zu verlieren.


Das aber liegt nicht nur an uns, als einzelnes Individuum, sondern auch daran, wie wir als Führungskräfte, als Experten, Berater, Mitarbeiter etc. konditioniert, beschallt, bemessen und entlohnt werden.

Sehen wir uns an, was hier genau gemeint ist:
  • Haben wir schon jemals Anreizsysteme gesehen, in denen der Mut zum "Fehler" und die daraus resultierenden Lehren belohnt wurden?
  • Wurden in Unternehmen jemals die "Kassandras" und Unkenrufer in gleichem Masse als wertrelevant erachtet oder ist es nicht angenehmer den Schönrednern und Motivatoren nachzulaufen?
  • Wieviel wird und wurde in den letzten Jahren in die Themen Risikoerkennung, Resilienz, Früherkennung von Markttrends investiert
  • Wer von uns hat es erlebt, dass man für Reservebildung, das Anlegen von Kriegskassen, Kapitalreserven (bei Nullzins) belohnt wurde
  • Wer von uns hat nicht jene belächelt, die sich auf das fortwährende Beobachten von Kunden, Nutzungsmustern, Kaufmotiven konzentriert haben, wiewohl die Umsätze sprudelten, als gäbe es kein gestern....

Liebe Kollegen, wir alle, mich eingeschlossen, sind einem Phänomen aufgesessen, dass so menschlich ist, wie der Mensch selbst. 

 

Wir sind auf Erfolg getrimmt, Erfolgserlebnisse machen uns süchtig und alles was den fortdauernden Genuss des Erfolgs verunmöglicht, wird nun mal ausgeblendet, obwohl es eigentlich klar sein sollte, dass hinter jedem Höhepunkt ein Abschwung kommt. 

 

Ein wesentlicher Grund, warum es also Unternehmen erwischt, sind die gesetzten Anreizsysteme und sollten diese nach dem Prinzip der Quartalsreports, des Shareholder Value Gedankens und dem Denken des unbegrenzten Wachstums ausgestaltet sein, so ist das nun eine der Grundlagen, warum es uns kalt erwischt. 

Es gibt aber in diesem Zusammenhang ein Phänomen, dass für Unternehmen tödlich ist. Ressourcen (Personal wie Infrastruktur) werden fortlaufend aufgebaut, um das Wachstum und den Erfolg des Unternehmens zu stützen. Doch was einmal aufgebaut ist, kann nicht ohne Spätfolgen wieder abgebaut werden (und hier ist der Statusverlust der Führungskräfte das geringste Problen, die Existenzbedrohung für die Mitarbeiter die grösste und der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit letztendlich die relevantesten Folgen)

Für die Unternehmen bedeutet das, ein hochelastisches Rauf- und Runterfahren von Mitarbeitern ist genauso gefährlich, wie das Hoffen auf Gott, Staat und Schicksal, bei gleichzeitigem Beibehalten einer Ressourcenstruktur, die auf ständiges Wachstum ausgerichtet ist.

Vielleich ist es hier besser einfach von all den Lehrbüchern Abschied zu nehmen und von denen zu lernen, welche nicht der "Jagd" sondern dem "Säen und Ernten" verhaftet sind.

Wer es erlernt hat sein Umfeld fortlaufend auf folgende Aspekte achtet, wird wohl widerstandsfähiger sein, als die klassichen Erfolgs- und Wachstumsjäger der Generation "before Covid"

  • Was braucht das Umfeld (der Boden) in dem wir uns bewegen, was gibt das Umfeld für uns ab?
  • Verlust- und Erfolgswahrscheinlichkeiten bei der "Ansaat neuer Ideen"?
  • Dauer zwischen Saat und Ernte?
  • Was kann also getan werden, um fortlaufend vom "Boden" zu leben, ohne ihn durch Brandrodung zu ruinieren?
  • Wieviel Reserven brauche ich immer, um auch im Falle eines totalen Ernteausfalls vorwärts zu kommen?
 

Mir fällt hier eine Szene aus den Glorreichen Sieben ein, wo einer der heldenhaften Pistoleros klargestellt hat, dass es just die zu schützenden Campesinos waren, die eigentlich die wirklichen Helden darstellten.

Waren sie doch diejenigen, die zwei Dinge erkannt haben: Erstens es ist das Umfeld, das dir das Leben garantiert. Zweitens: Helden sind nicht für die Ewigkeit gemacht, sondern dazu in Elementarsituationen das zu schützen, was das Überleben sichert. Das Umfeld in dem man sich bewegt.

Wir werden uns wohl lieber von unseren Helden- und Erfolgsillusionen verabschieden müssen, wenn wir langfristiger in eine neue Welt blicken wollen ;-)