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Mammuts, Säbelzahntiger und ander überlebende Arten...

01.05.2020 21:24:56 | CascadeIT, Helmut Steigele | 4 Kommentare
Zur Zeit erscheint die Wirtschaftswelt wie ein Wald in dem es zu einem Flächenbrand gekommen ist, alles noch raucht, verkohlt und in Schockstarre ist.

Und doch ist es genau jetzt die Zeit darüber nachzudenken, wie das Leben und Überleben darin im "Danach" aussehen könnte

Ein kurzer Gedankensplitter über die Fähigkeiten, die in der Zeit "AC - After Corona" gefragt sein werden.


Es mag abgedroschen klingen, aber es ist wohl so, die Welt ist nicht mehr die, die sie mal war. Die Frage ist, was lernen wir daraus. Wohl mehr aus Zufall, als unter Einfluss psychogener Substanzen,  startete ich diesen Resilience-Blog im Oktober 2019, nichts ahnend, dass er einmal eine derartige Aktualität hätte. 

Ein Kerngedanke der Reihe war damals , wie überleben Unternehmen in Zeiten extremer Umwälzung (Ich hatte hier Clayton Cristensen, Jocko Willinck und Valery Gerasimov mehr im Kopf, als unbekannte Viren). Beispiele von Umwälzungen hatten wir zwischen 2000 bis heute ja schon genug (Dotcom Krise, Finanzkrise, vorher die asiatische Währungskrise etc.). Aber wo liegt das sich wiederholende Muster?


Betrachte ich hier die Natur, so sind es die Arten die nicht vergessen haben, auf welchen Fähigkeiten und Erfolgsfaktoren sich Ihre Kontinuität aufbaut

Aus ehemals Kleinem erwächst mittleres und Grosses, die Katastrophe und das Anpassen ans Neue sind im Lebensplan integriert. So kann hier das Grosse wird im Rahmen der Disruption hinweggefegt werden, es kehrt aber wieder, wenn es  dafür sorgt, dass das zu Beginn vorhandene kleinste Element der eigenen Art geschützt ist und einen Neustart ermöglicht.

Das beste Beispiel dafür erscheint mir hier der
Mammutbaum. Diese ewig alte Art des Gewächs ist für mich das Sinnbild der Resilienz schlechthin. Stellt man sich vor, dass ein Waldbrand, alles, schlichtweg alles hinweggefegt hat, was als Nahrung und Lebensgrundlage dient, so erscheint folgendes Bild klarer: 

Der Mammutbaum als Pyrophyt wächst in Regionen, in denen natürliche Feuer häufig auftreten, so in Trockenwäldern, Steppen, Savannen und Buschgebieten. Die nordamerikanischen Mammutbäume (Sequoia) gehören zu diesen Pflanzen, für die das Feuer lebensnotwendig ist, weil sie es für ihre Fortpflanzung benötigen. Die Giganten unter den Bäumen "warten" sogar regelrecht auf die Flammen. Nur nach Durchzug eines Feuers und durch die nach oben steigende heiße Luft öffnen sich die Zapfen der manchmal über 100 Meter hohen Bäume. Dann können die Samen auf den durch mineralreiche Asche frisch gedüngten Boden fallen, einsinken und anfangen zu keimen. Zu Gute kommt den größten Lebewesen der Erde auch, dass viele ihrer Konkurrenten nicht so feuerresistent wie sie sind, und verbrennen. 

Die Mammutbäume nutzen also das Gesetz der Primär- und Sekundärsukzession: Aus Kleinem kann Grosses erwachsen.



Sie haben sich also zwei Eigenschaften zunutze gemacht. Sie wissen mit Katastrophen umzugehen und haben den Faktor "Anpassungsfähigkeit" sprichwörtlich in ihren Genen.

Da freute ich mich, wenn auch nur kurz,  darüber, dass eine wahre Lichtgestalt und Respektsperson aus meiner Zunft, sich des Themas Resilienz annahm und in einem Kommentar den heute krisengeplagten Unternehmen folgendes empfahl: 


"Anstelle jetzt den Fokus auf neue, unbekannte Geschäftsfelder zu legen, muss das ­Projektportfolio auf den Erhalt der Kernfähigkeiten des Unternehmens mitsamt seinen Rahmenbedingungen ausgerichtet und deren Digitalisierung mit Priorität angegangen werden." (Hier gehts zum Originaltext)
 

So könnte man darunter aber auch verstehen, dass man das, was bisher getan wurde durch Digitalisierung abgemildert und modifiziert werden kann, weil es dich schneller aus der Gefahrenzone bringt. Dumm nur, dass man trotzdem noch Monate mit Implementierung und Rollout beschäftigt ist, die Gefahr aber nicht verschwunden ist...

Der Satz kann also in vielen Richtungen verstanden werden (und darin liegt wohl das Risiko des Satzes an sich). In extremis so: 

 

Einem Säbelzahntiger, der erkennt, dass ihm die Mammuts abhanden gekommen sind, wird empfohlen, sich einen Turbo einbauen zu lassen, damit er schneller den nicht mehr vorhandenen Mammutfilets nachsetzen kann. 

Dem kundigen Leser wird nicht entgangen sein, dass beide Arten in der Zwischenzeit der musealen Existenz frönen, der Mammutbaum aber immer noch existiert.


Jetzt ist aber obige Empfehlung, bzw. dass aus meiner Sicht daraus entstehende Missverständnis, wohl nicht ohne Grund zustande gekommen. 

Wenn ich mir heute ansehe, wie und mit welchen Ansätzen und Innovationen derzeit im Markt um das noch vorhandene Futter gebalgt wird, so erkennt man genau dieses Weitermachen auch bei anderen Grössen im Markt.


Wäre ich jetzt in der selben Situation, würden meine Lösungswege, unter der untenstehenden Prämisse gewählt werden


Sorry, die Mammuts sind weg, ich ernähre mich eben kurz- und mittelfristig wohl noch vom vorhandenen Fleisch, aber nicht mehr von Mammutfilet, ergo passe ich meine Jagdmuster entsprechend an...


Umgesetzt auf die Wirtschaftswelt wäre dann folgendes Szenario wohl überlebenstauglicher....
 

Angebotsmuster - Crisis und Post Crisis
Kompetenz des Unternehmens Konventioneller Ansatz (bedingt tauglich) Angebot Krisenmodus (Primärwachstum) Angebot für Aufschwungsphase (Sekundärwachstum)
Servicemanagement - Technologien System zu niedrigerem Preis - Implementiere jetzt, zahle später Aus- und Umbau bestehender Systeme in kleinen und kleinsten Schritten, Service-Automatisierung der Frontend-Abläufe in kleinen Etappen, dem Kunden bei der Bindung seiner Kunden helfen Upgrade der Systeme, Integration der Backends (Phase für Phase), Auswertung, Reporting, Erstellen eines "Releaseplanes" für eine Serviceplattform
Servicemanagement-Methoden Beratung für Optimierung und Verschlankung von Unternehmensstrukturen Coaching für den Bereich Serviceautomatisierung, Digitale "Ersatzabläufe" für unterbrochene Value Chains und Supply Chains, Risiko-Assessments, Recovery-Coaching, dem Kunden beim "Kraft sparen" helfen Value Stream Integration und Automation, Aufbau von Value-Stream Repositories, Digital Capability Maps und langfristigem  Digital Capability Planning
Best Practice - Ausbildungen - Trainings Best Practice Kurse zu verrringerten Preisen, Verlagerungs in den "virtuellen" Raum Virtuelle Konferenzen für die Lösung konkreter Problemstellungen, Timeboxed virtual Bootcamps, Trainer-Hotlines, dem Kunden kritische Unternehmensmitarbeiter befähigen, statt sie in Kursen von der Front wegzuholen. Skill-Assessments (welche Fähigkeiten brauchen meine Mitarbeiter jetzt (Krise), welche für die Recovery-Phase. "Rent your Skillmanager" etc. 



Wollen wir doch mal sehen, wie der Markt auf die konventionellen Ansätze reagiert, oder auf jene, die sich nach den "natürlichen" Mustern der Regeneration in der Natur richten. Ich mag hier vielleicht auch grundfalsch liegen, doch manchmal sollte man Lehrbüchern nicht trauen und auf seine natürlichen Instinkte hören...

 

Ankündigung für den Resilience - Blog kommende Woche:

 

Hier gehts dann um Entscheidungsmuster für Beschaffungs- und Projektentscheide im Krisen- und Recoverymodus

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17:51:52 02.05.2020 | CascadeIT, Helmut Steigele
Danke
Jetzt ist es klar für mich und für alle anderen, was Du meintest.

Aber 15 Jahre hats gebraucht, bis Du auf einem meiner Blogs antwortest ;-)

Ein wahrer Ritterschlag - ich freu mich!

Und damit dass wir in einem Punkt unterschiedlicher Auffassung sind, stört nicht.

Du setzt auf Fokussierung, ich setze auf Anpassung, der Markt wird zeigen, wer die bessere Nase hatte :-)
16:00:05 02.05.2020 | Martin Andenmatten
Blogger
Lieber Helmut,

ist doch toll, wenn eine meiner Kolumnen Dich aus der Reserve zu locken vermag. Ich muss aber schon reagieren, wenn Du meinen Artikel nicht richtig verstanden hast.

Das Thema Resilienz wurde in vielen Organisationen stark vernachlässigt. Ich gehe mal davon aus, dass Du das ähnlich siehst.

Ich spreche nicht von Unternehmen, welche auf alten Produkten und Lösungen sitzen, welche der Kategorie "tote Pferde" gehören, die es jetzt wieder zu reiten gilt. Ich spreche von Unternehmen, welche mit ihren Kernkompetenzen erfolgreich am Markt auftreten und in diesen auch ihre Existenz begründen.

Diese gilt es in erster Priorität zu schützen, anstelle die Energie in Bereiche zu stecken, welche noch völlig unbekannt und daher auch etwas risikobehaftet sind.

Wenn der Ast auf dem man sitzt stabil und gesichert ist, kann man sich dann immer noch nach neuen Ästen sehnen, welche auch noch zu erobern sind.

Liebe Grüsse
--Martin